Halbe Herzen 7
Schock
was bisher geschah
Sonja steht noch immer vor dem Schaufenster des Spielzeugladens. Wie der kleine Junge, der sie eben beinahe umgerannt hatte, genau so schaut sie jetzt auf, die in einer Endlosschleife dahinfahrenden, Spielzeugeisenbahn.
Ihr Blick verliert sich irgendwo dort im inneren der Waggons. Sie sieht die weit aufgerissenen Augen des kleinen Jungen, als ein kräftiger Ruck durch den Zug erschüttert, und spürt wie der Kleine gegen sie fällt. Sie möchte ihn festhalten, aber der Moment ist zu flüchtig und wie träger Brei rinnt er ihr durch die Finger, ohne Chance, wirklich greifbar zu sein.
Ein Kreischen von Autoreifen reißt sie aus ihren Träumen. Ihr Herz beginnt zu rasen. Im Augenwinkel sieht sie den kleinen Kerl zwischen geparkten Autos hindurchlaufen, das Auto, das sich nähert, und diesen alten Mann der plötzlich dort steht. Wie eine Mauer zwischen Kind und Straße, steht er da trotz aller Gebrechlichkeit, unverrückbar.
Erleichtert atmet Sonja auf. „Da hat der liebe Gott wohl noch etwas anderes mit Dir vor, mein kleiner Freund!“, denkt sie und ohne darüber nachzusinnen dankt sie. In stummen Worten dem Schicksal, dem lieben Gott, dem Schutzengel oder einfach nur diesem zerlumpten alten Mann, dass er da war, dass er verhindert hat, was unvermeidbar schien.
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